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Porno und Jugend – Wie gefährlich ist Pornografie wirklich für Jugendliche?

Porno und Jugend - Wie gefährlich ist Pornografie wirklich für Jugendliche?

Immer mehr Medienformen stehen für immer mehr Personen in immer mehr Regionen der Welt zur Verfügung. Dadurch haben nicht nur Erwachsene, sondern auch eine ansteigende Anzahl an Kindern und Jugendlichen Zugriff zu diesen Medien.

Von besonderem Interesse für diese jungen Personen ist natürlich das Internet. Und mit diesem eröffnet sich ihnen unter anderem die Welt der Internetpornografie.

Das hat zur Folge, dass Jugendliche heute deutlich seltener Pralinehefte oder Videokassetten heimlich aus der Schublade des großen Bruders nehmen und sich unter der Bettdecke zu Gemüte führen.

Sie klinken sich einfach in das Internet ein und haben bei einer enormen Menge an Pornos quasi die Qual der Wahl. Denn natürlich sind nicht alle Websites gegen den Zugriff von Unter-Achtzehnjährigen geschützt und nicht alle Eltern richten entsprechende Firewalls ein.

So entsteht beim Umhören auf manchen Schulhöfen der Eindruck, dass viele Kinder und Jugendliche die Zusammenhänge zwischen Liebe, Erotik, Sex und Pornografie im wahrsten Sinne des Wortes in den falschen Hals bekommen haben.

Aber stellt die Pornografie tatsächlich eine Gefahr für junge Menschen dar?

Was ist eigentlich Pornografie und wozu ist sie gut?

Die Pornografie ist (fast) so alt wie die Menschheitsgeschichte und spielte bereits zur Zeit der Römer eine nicht unerhebliche Rolle in der Gesellschaft. So sollten beispielsweise die Zeichnungen über Türen in Bordellen von Pompeji die Fantasie der Kunden anregen und ihnen Lust auf eine heiße Zusammenkunft mit einer Prostituierten machen.

Was genau als Pornografie verstanden wird, ist aber immer individuell. Klar ist nur, dass es um Sex und Verruchtheit geht. Zuweilen um einen geistigen Kick, meistens aber vor allem um das Ausleben körperlicher Gelüste. Liebe und Vertrautheit spielen in der Masse der Pornos nur eine untergeordnete Rolle.

In eine ähnliche Kerbe schlägt der Artikel „Generation Porno“ der Londoner Journalistin Eleanor Mills. Eine Analyse von 304 Pornoseiten und des Pornokonsums von Kindern und Jugendlichen habe angedeutet, dass 48,7 % der Pornos verbale Gewalt und 88,2 % körperliche Gewalt (Schlagen, Knebeln, et cetera) enthielten. Laut der in Mills Artikel angeführten Statistik seien zudem 36 % aller Internetinhalte und -seiten pornografischer Natur.

Genau diese Zahlen lassen Politiker deutschland- und europaweit befürchten, dass Pornografie Kinder und Jugendliche psychologisch schädigen und sie zu falschen Schlüssen im Hinblick auf ein gelungenes erotisches Miteinander zwischen zwei oder mehreren Menschen bewegen könnte.

Wer will sich schließlich schon von Reihen aufgebrachter Eltern vorwerfen lassen, dass er rechtlich nichts dagegen unternommen hat, dass Mädchen Erniedrigungen und körperliche Misshandlungen hinnehmen, „weil das einfach so dazu gehört“? Oder das Jungen mit demselben Argument andere Personen psychisch und physisch angehen?

Was passiert, wenn Politiker Pornografie als kinder- und jugendgefährdend einstufen?

Bereits 2009 sah Ursula von der Leyen erste Überwachungsmaßnahmen an, um Kinder und Jugendliche besser vor jugendgefährdenden Pornoseiten zu schützen.

Fünf Jahre später legte es der damalige britische Premierminister auf einen Internetfilter an, der pornografische Seiten komplett blockieren sollte. Schlecht nicht nur für Porno-Plattformen, sondern auch für Online-Sexshops.

Ein gewisser Restvorteil dabei: Die Sperrung sollte nicht von außen, sondern von den Privathaushalten bei Bedarf festgelegt werden. Natürlich könnte man so immer noch den Anschein erwecken, dass man ein Faible für zwielichtige Seiten hat, rechtlich zu befürchten sei aber nichts.

Dieser Vorschlag inspirierte wiederum den CSU-Bundestagsabgeordneten Norbert Geis und die Österreichische Volkspartei zu ähnlichen Forderungen.

Das Problem daran: Nachdem 19.000 der beliebtesten 100.000 britischen Internetseiten blockiert wurden – von denen viele definitiv nichts mit Pornografie zu tun hatten – ist die EU drauf und dran, die Filter wieder zu kassieren, weil sie den Wettbewerb verhinderten und nicht zielgerichtet genau greifen würden.

Auf in Deutschland gibt es inzwischen zwar Filter für deutsche Porno-Anbieter, doch ausländische Plattformen und Anbieter werden nicht übertrieben kontrolliert und brauchen den Jugendschutz daher nicht übertrieben ernst zu nehmen. Auf manchen Plattformen, beispielsweise justuseme.com, kommt man sogar ohne eine Altersnachfrage an Pornografie, die teilweise auch deutliche härtere Gangarten als „nur“ Analsex präsentiert.

Und und nun? Sind Kinder und Teenager der verderbenden Ware Pornografie nun schutzlos ausgeliefert?

Was hat die Auswertung von Statistiken ergeben?

Der Aufschrei, der vor einiger Zeit durch die Politikerreihen ging, ist aktuell wieder weitgehend erloschen.

Das macht jedoch nichts, wie eine Untersuchung der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung 2012 belegte: Zu diesem Zeitpunkt war von rund 3.500 befragten Teenagern unter 18 noch mehr als jeder Dritte Jungfrau, weil der richtige Partner für das erste Mal noch nicht vorhanden war.

Die große Mehrheit der Jugendlichen wollte ihren ersten Sex also nicht zwischen Tür und Angel, sondern bewusst und mit einem festen Partner zelebrieren. Inzwischen (Stand 2015) erleben die meisten ihren ersten Sex in einem Alter zwischen 16 und 17 Jahren – und damit im Durchschnitt später als vor 10 Jahren. Allen Unkenrufen zum Trotz.

Nichtsdestotrotz ist eine Differenzierung sinnvoll. Denn obwohl Kinder und Jugendliche nicht schlagartig schneller im Bezug auf eigene Erfahrungen zu Werke gehen, ermöglicht ihnen der Pornokonsum doch ein breiteres Ideenfeld. So stellte Judith Leunissen, Sexualpädagogin von Pro Familia fest, dass im Sexualkundeunterricht an Schulen zunehmend nach Analverkehr gefragt würde.

Müssen sich Erwachsene nun also dennoch Sorgen machen?

Das sagen Psychologen und Sozialwissenschaftler

Nein. Bisher lässt sich kein wissenschaftlicher Zusammenhang zwischen einer größeren Verfügbarkeit von Pornografie im Internet, eines höheren Pornokonsums bei Jugendlichen und einer größeren Verstörtheit beziehungsweise sexuellen Aggressivität gegenüber anderen Personen herstellen.

Dass diese Umstände auf einzelne Teenager zutreffen, ist sicherlich korrekt. Die breite Masse von ihnen ist jedoch nicht davon betroffen.

Pornos sind als Informationsquelle leichter verfügbar als in früheren Zeiten

Dies lässt sich unter anderem dadurch erklären, dass Pornos allgegenwärtig sind: In der Werbung, in Diskothek und im journalistischen Themenbereich.

Insofern ist es keine Seltenheit, dass Kinder und Jugendliche von außen auf das Thema gestoßen werden und in ihrer Unbefangenheit und Neugier auf diversen Pornoseiten unterwegs sind. Sei es, um sich überhaupt erst einmal mit dem Thema Sex zu beschäftigen, eine angedeutete Spielart näher unter die Lupe zu nehmen („Damit ich überhaupt erst einmal weiß, was das ist.“) oder sich konkrete Anleitungen zu holen („Ich möchte beim ersten Mal nichts falsch machen.“).

Natürlich steht dabei außer Frage, dass nicht jede Form der Pornografie für Kinder und Jugendliche gedacht ist. Der deutsche Sexualwissenschaftler Kurt Starke belegt in seinem Werk „Pornografie und Jugend – Jugend und Pornografie. (2010)“ jedoch auch, dass junge Menschen der Internetpornografie nicht willen- und schutzlos ausgeliefert seien.

Im Gegenteil: Obwohl sich viele Kinder und Jugendliche vom Reiz des Verbotenen und dessen, was Erwachsene ihnen nicht ohne Weiteres erklären wollen, angezogen fühlen würden, habe der Wert von Pornografie für unsere Jüngsten nicht überdimensional zugenommen.

Es würden zwar insgesamt mehr Pornos geguckt, was sich jedoch eher auf die bessere Verfügbarkeit als das deutlich gesteigerte Interesse daran zurückzuführen sei.

Kinder und Jugendliche wollen sich früh über sexuelle Themen informieren

Während vor ein bis zwei Jahrzehnten die Aufklärung vor allem durch Eltern, Schule und die Bravo gewährleistet wurde, ist inzwischen das Internet als Informationsquelle dazu gekommen.

Kein Wunder also, dass heute bereits Zehnjährige im Umgang mit Tastatur und Bildschirm geübt sind, wenngleich sie nicht immer ermessen können, ob sie es mit für sie sinnvollen Internetseiten zu tun haben.

Was oft dazu führt, dass schon Elf- bis Zwölfjährige auf Pornoseiten landen und mit dem Gesehenen erst einmal überfordert sind. Da wird es nicht besser, wenn sie nicht den Eindruck haben, mit Erwachsenen aufrichtig darüber sprechen zu können. Oder sich nicht trauen, möglicherweise vorhandene Fragen zu stellen – aus Angst, ausgeschimpft oder ausgelacht zu werden.

Eigentlich schade, denn Kinder und Jugendliche sind durchaus in der Lage, über das Verhalten von jungen und alten Menschen nachzudenken und sich so ein differenziertes Bild von Handlungsweisen zu machen.

So haben Sexualwissenschaftler erkannt, dass schon junge Kinder „Lovemaps“ anlegen, mit deren Hilfe sie erkennen, wie sie Beziehungen optimal gestalten oder wie sie sich mit ihrem eigenen Körper wohlfühlen können. Die Basis dafür ist jedoch, dass sie in einem offenen, aufmerksamen und liebevollen Umfeld groß werden.

Kurz gesagt:

Eine Jugendliche, die meint, nur aufgrund von körperlicher oder emotionaler Erniedrigung Anerkennung und Liebe finden zu kommen, weil sie das in Pornos so gesehen, im Elternhaus und / oder Freundeskreis aber nicht anders erfahren hat … das ist mehr als nur Pech.

Im Umkehrschluss wird sie sich von einem Porno in ihrer eigenen Selbstentfaltung nicht aus der Bahn werfen lassen, wenn sie festgestellt hat, dass sie ein Recht auf ihren individuellen erotischen Weg hat und zum Gehen dieses Wegs positiv ermutigt wird. Sogar dann, wenn dieser zum Teil oder ganz anders aussieht, als in der Pornografie angedeutet wird.

Sämtliche Aspekte gelten natürlich auch für Jungs in allen Facetten, ganz klar.

Fazit: Ein reflektierter Pornografie-Konsum schadet Kindern und Jugendlichen nicht

Wie bereits angedeutet, ist nicht jede Form von Pornografie für unter-Achtzehnjährige geeignet und Internetpornografie-Anbieter sollten unbedingt ein Auge darauf haben, dass bestimmte Inhalte wie manche SM- und/ oder Rape-Pornos für junge Menschen zugänglich sind.

Nichtsdestotrotz liegt es vor allem in der Hand der Eltern und des Umfelds der Kinder, diesen einen verantwortungsbewussten Umgang mit Medien und dem Internet beizubringen und sie zu eigenständig denkenden und empathischen Menschen zu erziehen.

Von daher sind eine gesunde Portion Grundvertrauen in das Urteilsvermögen der Kleinen (und Mittelgroßen) und ein offenes Ohr, wenn es um Fragen oder Befürchtungen geht, immer der beste Weg.

Dann klappt’s auch mit den Pornos …


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